5.2 «Später dann mal» oder man sollte nichts aufschieben
20.05.2016
Sara Vergallo ist 31 Jahre jung, als sie sich plötzlich mit der Diagnose «Schilddrüsenkrebs» auseinandersetzen muss. Doch die junge Frau verzagt nicht und nimmt die Herausforderung an. Sie erzählt von ihren Erfahrungen mit der zeitintensiven und strapaziösen Behandlung, was ihr dabei Kraft gab, und worauf sie sich in der Zukunft freut.
«Letzten September machte mich eine Freundin auf den Knoten an meinem Hals aufmerksam. Ich tat es ab, das sei sicher nichts Schlimmes. Doch sie blieb hartnäckig und so suchte ich meinen Hausarzt auf», beginnt Sara Vergallo. Danach geht alles schnell. Der Hausarzt veranlasst eine Ultraschalluntersuchung, die mehr Infor- mationen zum Knoten liefern soll. Es zeigt sich, dass weitere Unter- suchungen notwendig sind und so erfolgt eine mittels Magnetreso- nanz (MRI). «Als ich in dieser Röhre lag, hatte ich zum ersten Mal Zeit, mir Gedanken zu machen», berichtet sie. Wenn all dies notwen- dig sei, dann müsse es etwas Ernstes sein, habe sie sich da überlegt. Die Vermutung, welche die bisherigen Untersuchungsergebnisse stützte, wurde mittels einer Feinnadelpunktion weiter verstärkt. Der Befund: dringender Verdacht auf ein papilläres Schilddrüsenkarzi- nom. Die Konsequenz: eine Operation, bei welcher die Schilddrüse entfernt wird.
Der Knoten soll weg
Zwei Wochen betrug die Dauer zwischen Diagnose und Operations- termin. Zwei Wochen, in denen Sara Vergallo den anfänglichen Schock verarbeiten konnte, aber auch viele Fragen und Gedanken auftauchten. Sie erzählt: «Ich war doch immer gesund, hatte selten mal eine Grippe und nun stand diese Krebsdiagnose im Raum. Das war heftig.» Die Unterstützung ihrer Familie und Freunde habe ihr sehr geholfen, wobei sie den Verdacht habe, dass sich ihr Umfeld manchmal mehr Sorgen gemacht hätte als sie selbst. Denn, so wie ihr behandelnder Arzt Dr. med. Georg Wille bestätigte, stehen ihre Heilungschancen ausserordentlich gut. Diese Prognose stimmte so- wohl Sara Vergallo als auch ihre Liebsten zuversichtlich. «Nachdem der erste Schock überwunden war, war ich recht ruhig und fokussiert. Ich konnte den Operationstag kaum erwarten und wollte diesen Knoten nur noch loswerden», sagt sie. Am Tag X ist sie weni- ger nervös als bloss unheimlich froh, dass es endlich losgehen kann. Der erste Gedanke nach dem Aufwachen aus der Vollnarkose ist: «Endlich ist er weg». Der Eingriff verläuft problemlos und sie bleibt noch vier Tage im Spital Bülach.
Die Behandlung ist noch nicht zu Ende
Nach dem Spitalaustritt verbringt Sara Vergallo noch einen Monat zu Hause. Da ihr nun nach dem Eingriff die Schilddrüse, welche Hormone für das Zellwachstum sowie den Energiestoffwechsel herstellt, fehlt, muss sie diese medikamentös ersetzen. Die folgende Hormontherapie sorgt bei ihr für grosse Müdigkeit und Stimmungsschwankungen. Die Behandlung ist aber auch nach der Hormontherapie noch nicht abgeschlossen. Ende November tritt sie ins Universitätsspital Zürich ein, um sich einer Radiojodtherapie, einer medikamentösen Strahlen- therapie, zu unterziehen. Da es eine nuklearmedizinische Behandlung ist, ist während der Therapiedauer die Isolation des Patienten notwen- dig. Sie darf keinen Besuch empfangen. «Die Radiojodtherapie hat mich eiskalt erwischt. Ich dachte nicht, dass mir diese vier Tage so an die Nieren gehen würden», erzählt Sara Vergallo. Übelkeit habe sie geplagt, an Essen sei gar nicht zu denken gewesen und sie litt stark unter der Einsamkeit. Um sich selbst zu beschäftigen, hatte sie Bücher, Fotoalben und weitere Dinge eingepackt. Angerührt hat sie während der ganzen Zeit nichts davon. Nach der Radiojodtherapie wird kontrolliert, ob es keine Ableger des Schilddrüsenkrebses gibt. Der Befund fällt gut aus und Sara Vergallo hat das Gefühl, dass der ganze Druck der letzten Monate von ihr abfällt.
Die eigene Zukunft anpacken
Das Schilddrüsenkarzinom hat viel verändert im Leben der jungen Frau. So wird sie immer die entsprechenden Hormone als Zusatz einnehmen und für die nächsten zehn Jahre regelmässig zur Nach- kontrolle erscheinen müssen. Die 98 Prozent Heilungschancen stimmen sie zuversichtlich. Der Tatsache, dass sie sich aufgrund der Erkrankung auch einige Gedanken zum Leben gemacht hat, kann
sie viel Positives abgewinnen: «Ich überlegte mir, wo ich aktuell stehe und wo ich hinmöchte. Und es wurde mir klar, dass man nichts verschieben, sondern einfach machen sollte. Und darum: volle Kraft voraus!»
Dieser Artikel ist ursprünglich im Geschäftsbericht «Revue» 2015, Spital Bülach AG, erschienen: Download Artikel